Bei jedem Bauprojekt ist eine sorgfältige Interessenabwägung durch die Planungs- und Bewilligungsbehörde zentral. Diesen Grundsatz gilt es bereits bei unangefochten gebliebenen Bauten und Anlagen zu beachten. Nicht selten müssen auch verschiedene öffentliche Interessen – beispielsweise Landschaftsschutz und Energieversorgung – gegeneinander abgewogen werden.
Geradezu unumgänglich ist eine sorgfältige Interessenabwägung im Fall von Einsprachen von Privatpersonen/Dritten. Diesem Aspekt schenken Bewilligungsbehörden immer wieder (zu) wenig Beachtung. Als Folge davon heben Gerichte Gestaltungspläne und Bauprojekte wieder auf, was sowohl für die Behörden als auch die Bauherrschaften ärgerlich und kostspielig ist.
Ein exemplarischer Fall findet sich im Entscheid des Bundesgerichts 1C_205/2022 vom 17. Juni 2024 betreffend Gestaltungsplan „Südhang“ Grenchen und Sonderbauvorschriften. Im Fokus stand dabei eine Reduktion des gesetzlichen Waldabstands. Diesbezüglich prüfte die Vorinstanz allerdings nicht, welche Auswirkungen eine Reduktion des Waldabstands auf den Schutz des Waldes hat; insoweit verwies das Bundesgericht auf Art. 1 und Art. 17 des Waldgesetzes [WaG; SR 921.0]). Auch eine Variantenprüfung des Sieger-Projekts des Architektur-Wettbewerbs, insbesondere die Prüfung einer anderen Anordnung der Baukörper, wurde unterlassen (vgl. Art. 2 RPV). Zu den Nachbarinteressen (wie etwa der geltend gemachte Mehrverkehr auf der Zufahrtstrasse durch die neue Erschliessung, die verdeckte Aussicht und die Einsicht in die Terrasse der Beschwerdeführenden) hatte sich die Vorinstanz ebenfalls nicht geäussert. Im Ergebnis kritisierte die höchste Instanz gar die «kurzen, selektiven Ausführungen» im angefochtenen Urteil, was zu dessen Aufhebung und zur Rückweisung an die Gemeinde als Planungsbehörde führte. Diese wurde angewiesen, sämtliche öffentliche und privaten Interessen, welche für und wider die Nutzungsplanung sprechen, zu ermitteln und abzuwägen (vgl. zum Ganzen BGer-Entscheid 1C_205/2022 vom 17.06.2024, E. 3.2.4 und E. 5).
Daraus folgt, dass andere öffentliche wie auch vorgebrachte private Interessen, auch wenn sie vielleicht als unbedeutend erscheinen, im Rahmen der Interessenabwägung zu erwähnen, beurteilen und einzeln darüber zu entscheiden ist. Diese Prüfung kann manchmal aufwändig sein, aber sie vollendet den Anspruch auf rechtliches Gehör und ist unabdingbar, um sämtliche Verfahrensrechte zu wahren.
Sollten Sie Fragen zum Thema Baurecht haben, stehen Ihnen unsere Anwältinnen und Anwälte gerne zur Verfügung.