Abgabenrechtliche Folgen der Mehrwertabschöpfung

claudio schwarz a DfqkONlm8 unsplash

Seit dem 1. Januar 2018 gibt es im Kanton Luzern eine Mehrwertabgabepflicht. Dieser unterliegen sowohl Einzonungen als auch Um- und Aufzonungen in Gebieten mit Bebauungs- oder Gestaltungsplanpflicht und der Erlass oder die Änderung von Bebauungsplänen. In diesem Blog werden die (versteckten) Folgen aus einer Aufzonung in einem Gebiet, wo die Gestaltungsplanpflicht neu eingeführt wurde, beleuchtet.

Im Verhältnis zur Bau- und Zonenordnung kann der Gestaltungsplan anhand von ergänzenden Vorschriften namentlich zum Inhalt und zu den Zielen sowie zum Ausmass und zu den Kriterien für Abweichungen von der Bau- und Zonenordnung abweichen. Für den Grundeigentümer folgt daraus oft eine bessere, auch finanziell interessantere Ausnützung von Grund und Boden. Wenn die neuen oder angepassten Nutzungsvorschriften allerdings einer Aufzonung entsprechen, einen Mehrwert von mehr als CHF 100’000 generieren und in einem Gebiet mit Gestaltungsplanpflicht gelten, wird vom Gemeinwesen eine Mehrwertabgabe erhoben (vgl. § 105 Abs. 3bis lit. b PBG LU). Die Höhe der Mehrwertabgabepflicht liegt bei 20%. Massgebend für den Mehrwert ist die Differenz zwischen dem heutigen Verkehrswert und dem Verkehrswert nach der Planungsmassnahme.

Fällig wird die Mehrwertabgabe bei Neubauten oder erheblichen Änderungen an bestehenden Bauten nach Rechtskraft der Baubewilligung sowie beim Verkauf des Grundstücks mit dem Eintritt der neuen Rechtslage (vgl. § 105c Abs. 2 PBG LU). Zur Sicherung der Forderungen und Verzugszinsen aus der Erhebung der Mehrwertabgabe besteht zugunsten des Kantons und der Gemeinden je ein den übrigen Pfandrechten im Rang vorgehendes gesetzliches Pfandrecht, und zwar für die Dauer von zwei Jahren seit Fälligkeit. Unter Vorbehalt von Artikel 836 Absatz 2 ZGB ist laut PBG LU kein Eintrag im Grundbuch erforderlich (§ 105f PBG LU).

In der Praxis kann daher vom Zeitpunkt des grundsätzlichen Entscheids über die Abgabepflicht (durch Veranlagungsverfügung) bis zu jenem der Fälligkeit eine sehr lange Zeitspanne vergehen. Während bei Handänderung durch Verkauf die Mehrwertabgabe ausdrücklich fällig und nach der Eintragung in das Grundbuch (Tagebuch) in Rechnung gestellt wird, lässt sich der Eintritt der Fälligkeit bei anderen Handänderungsweisen nicht so leicht erkennen. So dürfte namentlich bei Erwerb durch Erbgang oder Schenkung die Last einer Mehrwertabgabe für den neuen Eigentümer nicht oder nicht klar erkennbar sein; dies nicht einmal im Fall einer Kontrolle des Grundbuchauszugs, weil das gesetzliche Pfandrecht im Grundbuch nicht unbedingt eingetragen sein muss. Unabhängig davon stellt das Gemeinwesen Rechnung erst, wenn ein Geldfluss ausgelöst wird und folgende Tatbestände erfüllt sind:

  • Rechtskraft der Baubewilligung für eine Erweiterung um mehr als 100 m2 Hauptnutzfläche (kleinere Erweiterungen werden zusammengerechnet),
  • Rechtskraft der Baubewilligung für einen Ersatzbau, oder
  • Verkauf des Grundstücks mit Eintritt der neuen Rechtslage.

 

Demzufolge kann der neue Grundeigentümer im Fall des Erwerbs ohne einen Geldfluss plötzlich mit einer von ihm unerwarteten Mehrwertabgabe konfrontiert werden. Bei mehreren Grundeigentümern (Mit- oder Stockwerkeigentum) ist ausserdem zu beachten, dass sie für eine fällig gewordene Mehrwertabgabe in der Regel solidarisch haften.

Solche Rechtsfolgen sind umso unbefriedigender, als offen bleibt, wie weit ein neuer Grundeigentümer durch Erbgang oder Schenkung um eine Mehrwertabgabe wissen muss und von ihm erwartet werden darf, sich über dieses potentielle Risiko selbständig zu erkundigen. Gleiches gilt aber auch für die Urkundsperson (Notar oder Notarin), welche im Rahmen einer Beurkundung verschiedene Sorgfaltspflichten trifft, insbesondere die Parteien über die Form und rechtliche Tragweite eines Geschäfts zu belehren und ihnen die zur Entschlussfassung nötigen Aufschlüsse zu erteilen. Im Zusammenhang mit der Mehrwertabgabe ist nicht bekannt, ob und unter welchen Umständen die Urkundsperson für das fehlende Wissen um eine vor Jahren eingetretene Abgabepflicht hätte wissen müssen und für die Kosten gemäss der vom Staat beim neuen Grundeigentümer eingeforderten Abgabe haftbar gemacht werden kann. Naheliegend erscheint, sich diesbezüglich an der Diskussion um die Rechtsbelehrungspflicht betreffend Steuern zu orientieren. In der Rechtsprechung war ein Haftungsfall aus unterlassener Aufklärung über eine potenzielle Mehrwertabgabe – soweit ersichtlich – bisher nicht zu beurteilen, doch dürfte ein solcher Fall sehr wahrscheinlich einmal eintreten.

In jedem Fall lohnt sich auch bei der Mehrwertabgabe frühzeitig eine rechtliche Beratung. Dafür stehen Ihnen die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie die Notarin der Kanzlei Pilatushof gerne zur Verfügung.

Teile diesen Beitrag

Copyright © 2024 Pilatushof AG